Wie sieht ein guter Hörraum aus? Gut gemeinte Ratschläge zur Raumakustik
Beim Hörraum verhält es sich wie im ganzen Leben: starke Übertreibungen in die ein oder andere Richtung führen selten zu einem nachhaltig guten Zustand. Es muss nicht immer ein perfekt optimiertes „Studio“ für beste Raumakustik sein, auch in einem „durchschnittlichen“ Wohnzimmer kann man vernünftig Musik hören – zumindest konnte man das in der guten alten Zeit …
Das Wohnzimmer von damals: klingt befremdlich, hört sich gut an
In den 70er und 80er Jahren musste man gar keine großen Diskussionen darüber lostreten, denn das durchschnittliche Wohnzimmer dieser Zeit sah in etwa so aus:
- 20 bis 40 qm mit rechteckigem Grundschnitt
- Parkettboden mit großem Teppich oder gleich ein durchgehender Teppichboden
- Gardinen und schwere Vorhänge
- Bilder mit Holzrahmen an der Wand
- Eine Couch-Garnitur aus Stoff inkl. Sessel für den Mann
- Der obligatorische Wohnzimmerschrank mit repräsentativen Brockhaus-Bänden und viel Nippes
- Ein paar Pflanzen
- Kronleuchter
- Ggf. noch ein Klavier oder Sekretär in der Ecke.
Natürliche Absorber und Diffusoren inklusive
Dazu kam meist ein symmetrischer Aufbau, denn die großflächige Vereinigung von Wohnbereich, Esszimmer und Küche war noch nicht en vogue. Diese Kombination klang aus HiFi Gesichtspunkten nicht schlecht: Teppich, Couch und Vorhänge wirkten als natürliche Absorber und reduzierten den Nachhall. Pflanzen, Schrank und andere Möbel sowie deren Inhalt wirkten als Diffusoren, und insgesamt profitierte der Klang von den natürlichen Holzmaterialien.
Die Wohnwelt von heute: klingt schick, hört sich schlecht an
In der heutigen Zeit gilt das Motto „Reduce to the max“. In allen Designer-Katalogen versucht man, uns die wohlige Wärme von Fliesenböden, Betonoptik, riesigen kahlen Fensterflächen und puristischen Einrichtungsgegenständen zu vermitteln. Akustisch bedenklich, und sensitiv auch: Es gibt Studien, die belegen, dass in einem solchen Wohnambiente die eingestellte Heiztemperatur im Schnitt um zwei Grad höher liegt.
2016 lief ein Tatort mit einem offensiven Product-Placement eines großen Hornlautsprecher-Herstellers. Die mannshohen Lautsprecher waren in einem solchen „Designer-Zimmer“ aufgestellt. Schade ums Geld: denn egal wie gut die Lautsprecher sind, in einer solchen Umgebung wird nur verschwommener „Badezimmer-Sound“ aus den Treibern quellen.
Nachhallzeit – das Maß für Präzision und Wohlklang
Der Nachhall zwischen 150 Hertz und 20 kHz sollte für ein echtes HiFi Erlebnis unter 0,6 Sekunden liegen, das ist mit der beschriebenen Wohnphilosophie ohne gezielte Zusatzmaßnahmen nicht zu realisieren. (In den darunterliegenden Bassregionen sind längere Nachhallzeiten möglich, denn hier haben wir es mit Wellenlängen von ca. 2,5 bis 10 Metern zu tun.)
Perfekt in den Raum integrierbar: Bohne Audio Aktiv-Lautsprecher mit Raumoptimierung via Dirac oder Trinnov
HiFi in modernen Wohnumgebungen – was ist zu tun?
Holz in die Hütte!
Vorab: manchmal wird kolportiert, Schwingungen seien ein schlechter Effekt für HiFi Genuss. Das betrifft allerhöchstens scheppernde Einrichtungsgegenstände und Gläser, die sich bei höheren Lautstärken in Bewegung setzen. Grundsätzlich sind Schwingungen nichts Schlechtes, man kann sie auch nicht unterdrücken: Wo Musik spielt, wird alles mitschwingen: Fußboden, Wand, Fenster, Möbel … Aber resultiert der wunderbare Klang einzelner Instrumente nicht genau von bestimmten Schwingungen des verwendeten (Holz-)Materials?
Es geht also darum, den Hörraum mit Materialien auszustatten, die natürliche und musikähnliche Schwingungseigenschaften besitzen. Ein Holzparkettboden schwingt natürlich, ein Fliesen- oder Betonboden nicht. Verwenden Sie auch für die Einrichtung möglichst viel Holz: Regale, Sideboard, Tisch und HiFi Rack bestehen am besten aus massivem natürlichen Holz, sind geölt und nicht beschichtet. Und schon haben Sie automatisch mehr Musikalität in Ihren vier Wänden.
Breitflächig dämpfen
Es gibt Hörraume, die mit Basotect oder anderen Akustikschaumstoffen regelrecht zugepflastert wurden. Auch diese „Übertreibung“ wird in der Regel kein gutes Klangerlebnis liefern. Der Raum ist dann schlichtweg „überdämpft“ und klingt unnatürlich dumpf. Zumal die gängigen Dicken dieser Absorbermaterialien gegen Wellen unter 150 Hz wenig bis gar nichts ausrichten können.
Deshalb sollte man den Nachhall breitflächig mit Absorbern reduzieren, die Holz und Absorbermaterial kombinieren. Danach kann man sich aktiv mit dem Bass auseinandersetzen … Je nach Wohnraumgröße sind ein bis zwei hochflorige Teppiche (nicht unter 5 qm Fläche) gut, am besten liegt einer davon zwischen Hörplatz und den Lautsprechern.
Akustikelemente für Wände und Decke
Entweder man kombiniert „klassische“ Akustik-Elemente und hängt diese neben- oder aneinander auf. Oder – aus unserer Sicht die deutlich bessere Lösung – man hängt die ganze Decke ab und/oder versieht ganze Wände mit Absorber-Paneelen. Akustik-Elemente sind in der Regel 60 x 60 cm groß. Nun dürfen Sie nicht erwarten, dass Sie zwei davon kaufen, und alles ist gut. Hier hilft nur eine ordentliche Anzahl, wir sprechen hier bei Raumgrößen von 20 bis 25 qm von 10 bis 15 Elementen, was ziemlich ins Geld gehen kann, wenn eines davon 100 bis 200 Euro kostet. Sehen Sie sich mal Aufnahmen von Studios an, die regelrecht zugepflastert sind mit Akustik-Elementen. Das hat seinen Grund …
Großflächige Absorber – schön anzusehen und effektiv
Das Anbringen von großflächigen Absorberpanelen (vgl. Bild) ist zwar eine echte „Baumaßnahme“, aber in Summe manchmal die deutlich schönere und konsequentere Alternative. Akustik-Paneele gibt es z. B. von Lignotrend oder Trikustik. Vorteil: so eine abgehängte Holzdecke oder verkleidete Wand kann wunderschön aussehen und besitzt aufgrund der großen Fläche einen hohen Wirkungsgrad. Um möglichst ausgewogen zu agieren, können verschiedene Abstände der Holzfräsungen kombiniert werden. Hierzu schaut man sich am besten die Messdiagramme bestimmter Material-/Ausschnittskombinationen an.
Die Websites der genannten Hersteller bieten ausführliche Informationen dazu. Sie können aber auch den Akustiker Ihres Vertrauens zu Rate ziehen – oder uns. Denn wir bei Bohne Audio legen großen Wert auf Wohnraumakustik und bringen viele Jahre Erfahrung ein. Auch aus eigenen Experimenten, die auch mal schief gingen 🙂
Aus einem Messdiagramm zur Absorbtionswirkung solcher Paneele (das Bild zeigt eine beispielhafte Wandgestaltung mit Lignotrend 33-62,5 Absorbern) kann man herauslesen, dass die Kurve zum Bass hin deutlich abfällt. Das ist ganz normal, denn hier sind deutlich massivere Maßnahmen gefragt.
Kampf gegen den Bass
In unserem Beitrag zu Raummoden und Bassüberhöhungen haben wir bereits ausführlich die Wirkung verschiedener passiver Absorber besprochen. Wenn es um einen Wohnraum geht, sind fast alle Lösungen mit erheblichen visuellen Kompromissen versehen. Deshalb raten wir zu einer gezielten aktiven Entzerrung. Trotzdem ist es ratsam, insbesondere die Raumecken zu behandeln, da dort der Bassdruck und damit der Absorptionseffekt am stärksten ist.
Lösungen dafür gibt es z. B. bei unserem Partner RTFS Akustik. Wer z. B. die ganze Wand hinter dem Hörplatz mit Akustik-Paneelen versieht, kann die Ecken zu den Seitenwänden mit einbeziehen, sodass auch visuell ein schönes Ergebnis herauskommt. Die gesamte Raumakustik wird angenehmer, die Nachhallzeiten reduzieren sich.
Asymmetrien im Raum für bessere Raumakustik?
Sehr häufig können Sie Ihre Lautsprecher nicht symmetrisch im Raum platzieren, was immer zu einem unausgewogenen Stereopanorama und Bassproblemen führt. Mal steht der eine Lautsprecher direkt im Raumeck, und der andere Lautsprecher steht 2 m von der anderen Seitenwand entfernt. Mal öffnet sich ein L-förmig geschnittener Raum zusätzlich nach hinten oder nach vorne. All dies sind Gegebenheiten, die aus HiFi Gesichtspunkten nicht ideal sind, euphemistisch ausgedrückt. Und noch schlimmer: hier kommt man auch mit passiven Maßnahmen nicht weiter. Auch hier kann nur via gezieltem Einsatz von DSP/Soundprozessor die gewünschte Ausgewogenheit am Hörplatz hergestellt werden.
Raumakustik berechnen?
Wenn Sie sich richtig Mühe mit Ihrem Hörraum geben möchten und Perfektionist sind, helfen nur exakte Messungen und am besten eine professionelle Unterstützung durch einen Akustiker oder ein spezialisiertes Architekturbüro. Einen groben Anhaltspunkt zum notwendigen Dämpfungsbedarf erhalten Sie z. B. mit einem Raumakustik-Rechner. Hier können Sie Ihre Raumabmessungen und Einrichtungsgegenstände angeben und eine bestimmte qm-Anzahl für Absorber-Paneele festlegen, um deren Effekt zu beurteilen. Hier bestätigen unsere o. g. Empfehlungen, großflächig zu arbeiten, wenn man weiterkommen will:
Raumakustikrechner Lignotrend
Raumakustikrechner Knauf
Das richtige Format des Hörraums
Die erste Grundregel zu den Abmessungen des Hörraums heißt: ein quadratischer Grundriss funktioniert im Vergleich zu einem rechteckigen Grundriss immer schlechter. Denn dort schaukeln sich die Moden zwischen den Wänden gleich doppelt auf – logisch. Einen ähnlichen, wenn auch nicht so ausgeprägten Effekt, erhält man, wenn die eine Seite ein ganzzahliges Vielfaches der anderen Seite ergibt (z. B. 4 x 8 m).
Bessere Ergebnisse erzielt man meist mit Grundrissen im Verhältnis 3:2 oder 3:4, eine mittlere Raumhöhe von 2,50 m vorausgesetzt. Bei einer Raumlänge von beispielsweise 5 m, sollte die Breite etwa 3,30 m oder 3,75 m betragen. Auch hier kann ein Online-Tool weiterhelfen, der Raummoden-Rechner auf der Website von Trikustik:
Sie geben die Raummaße ein, und schon erhalten Sie die resultierenden Moden und deren Ausschläge: Längsmoden, Quermoden und Tangentialmoden. Im Idealfall landen Sie mit Ihren Raummaßen in der sogenannten Bolt-Area. Je mittiger das Lokationskreuz in dieser berechneten Fläche liegt, desto gutmütiger verhält sich Ihr Raum in Bezug auf Bassmoden. Vorausgesetzt, er ist überall ungefähr gleich hoch. Für Dachschrägen und andere Besonderheiten sind diese Rechner in der Regel nicht zu gebrauchen, liefern allenfalls grobe Anhaltspunkte.
Das Höchste zum Schluss: Musik hören im DACHgeschoss
Ein Dachgeschoss ist grundsätzlich gut geeignet für einen Hörraum: ein Dachstuhl aus natürlichem Holz, meist großflächig angelegt, und Dachschrägen, die positiv gegen Raummoden wirken. Aber Vorsicht: auch so ein Raum kann viele Tücken haben.
Beginnen wir mit den seitlichen Kniestock-Wänden: Oft nicht mehr als 1 m hoch, sind sie meist in Trockenbauweise mit Rigips eingezogen und fungieren als „perfekter“ Plattenabsorber. Leider mit dem Resultat, dass dem Bass in einem bestimmten Frequenzbereich die komplette Energie entzogen wird, was sich in Sachen Raumakustik negativ bemerkbar macht. Dagegen lässt sich auch mit digitaler Raumkorrektur wenig ausrichten. Hier hilft nur: raus damit und die Schrägen bis zum Boden laufen lassen.
Lautsprecher Position unter dem Dach
Oft wird gefragt, auf welcher Seite man im Dachgeschoss die Lautsprecher stellen soll. Vor die Schräge oder vor die Giebelwand. Pauschal lässt sich das nicht beantworten, das hängt vor allem vom Winkel der Dachschrägen, den Raumabmessungen und den gewünschten Lautsprecher-Entfernungen ab. Meist funktioniert es besser, die Lautsprecher und damit auch den Hörplatz längs auszurichten, also entlang der Giebelwand.